Flüchtlingslager für Sahrauis in Tindouf, Algerien.
MAROKKO | Seit ungefähr einer Woche kämpfen Marokko und die sahrauische Unabhängigkeitsbewegung „Frente Polisario“ wieder um die Westsahara. Vor 29 Jahren erreichte die UNO einen Waffenstillstand zwischen beiden Parteien. Da das marokkanische Militär laut Angaben Polisarios auf unschuldige Demonstranten geschossen haben soll, beendete die Befreiungsbewegung nun den Waffenstillstand.
Der Konflikt um die Vorherrschaft in der Westsahara geht auf den Rückzug Spaniens aus dem Gebiet im Nordwesten Afrikas zurück. Bis 1975 war die Westsahara Kolonialgebiet Spaniens. Noch bevor die ersten spanischen Streitkräfte abrückten, organisierte Marokko den „Grünen Marsch“, bei dem 350.000 unbewaffnete Teilnehmer in die damalige Kolonie vorstießen. So sollte eine Übergabe der Westsahara an Marokko erreicht werden.
Während Polisario 1976 die „Demokratische arabische Republik Sahara“ ausrief, teilte Spanien die ehemalige Kolonie zwischen Marokko und Mauretanien auf. 1979 schloss Mauretanien Frieden mit Polisario und verzichtet auf die Gebiete in der Westsahara. Da die marokkanische Regierung das Territorium als Teil ihres historischen Staatsgebiets betrachtet, zog sie sich nicht aus der Westsahara zurück und annektierte die freigewordenen Gebiete.
Im Laufe der Ausschreitungen gelang es Polisario, Marokko immer weiter ins Landesinnere zurückzudrängen. Um sich vor den Eindringlingen zu schützen, ließ die marokkanische Regierung einen Sandwall errichten. Die Mauer teilt den von Marokko kontrollierten Teil der Westsahara im Norden und Westen vom östlichen und südlichen Teil, der von Polisario kontrolliert wird. Mittlerweile ist der Wall ungefähr 2.700 km lang und umfasst 80 Prozent der Westsahara. Laut marokkanischen Angaben leben momentan 150.000 Einheimische und 350.000 Marokkaner in der Westsahara. Rund 170.000 Sahrauis leben nach eigenen Angaben seit über 40 Jahren in Flüchtlingslagern in Südalgerien.
1991 kam es zum Waffenstillstand der beiden Kriegsparteien. Ein Referendum, das über die Unabhängigkeit oder den Anschluss an Marokko entscheidet, konnte jedoch bis heute nicht durchgeführt werden. Beide Seiten können sich nicht darauf einigen, wer wahlberechtigt ist. Polisario fordert, dass nur Sahrauis, die während der Kolonialherrschaft in der Westsahara lebten, und deren Nachkommen an der Wahl teilnehmen dürfen. Marokko hält aber auch bestimmte Stämme aus Südmarokko für wahlberechtigt. Alle Versuche der UNO, dieses Problem zu lösen, scheiterten bisher.
Vor fast einem Monat kochte der Konflikt wieder hoch. Anhänger Polisarios blockierten eine Straße bei Guerguerat, die als wichtige Verbindung für den Waren- und Personenverkehr zwischen Marokko und Mauretanien gilt. Darauf schickte Marokko vor einer Woche Streitkräfte dorthin, die die Straße räumen sollten. Laut Polisario hätten dabei marokkanische Soldaten auf die Demonstranten geschossen. Brahim Ghali, Generalsekretär der Bewegung, erklärte daher den Waffenstillstand für beendet, woraufhin die sahrauische Armee mehrere Militäreinrichtungen entlang des marokkanischen Sandwalls angriff.
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